Die Kompromisspfote


Charakterkopf, Knalltüte, Diva, Arschloch. Wie auch immer ein Hund benannt wird. Eine eigene Persönlichkeit und bestimmte Macken hat jeder von ihnen. Suri's wird zum Beispiel durch ihre Kompromisspfote erkennbar.


Was habe ich gelernt

  • Kadavergehorsam funktionert bei uns nicht, aber Kompromisse finden, die Hund und Mensch glücklich machen
  • Frust und Ärger führen in eine Einbahnstraße und tun Hund und Mensch nicht gut
  • A. Einstein sagte "Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten." Wenn also eine Herangehensweise den Hund nicht auf die Decke bringt, sollte man umdenken
  • Gelassenheit und Humor funktionieren mit Suribert am Besten
  • Entspannt bleiben! Warum sollte ein Hund nicht auch hinterfragen dürfen, was wir für Zeug von ihm verlangen. Und manches muss unseren Hunden wirklich komisch vorkommen

Als ich Suri das Kommando "Decke" beibrachte, begriff der Hund grundlegend sehr schnell, was ich von ihm möchte. Aus dem Tierheim kommend, konnte Suri an der Leine gehen und das war's erstmal. Sitz, Platz, da, dort, flieg kannte sie noch nicht.

Nach ein paar Tagen, mit Lob und Freude und Futter (geil!) wusste Suri, was mit dem Wörtchen gemeint war. Nämlich, dass sich der Hundehintern mit allem was dran hängt auf seinen Platz schmeisst - kompletti.

Aber es gab filmreife Situationen, in denen der Hund sich mit bedeutungsschweren Blick direkt VOR die Decke schmiss. Und das lag nicht etwa an einer anderen Art, in der ich das Wort "Decke" säuselte oder dass ein Futterbrocken fehlte. Die Decke konnte auch nicht das Problem sein, denn Suri lag jeden Tag Stunden darauf und schlief den Schlaf der Gerechten.

Ich versuchte es also mit erneuter, freundlicher Ansprache - Hund lag davor.

Ich versuchte es mit einem Wechsel meiner Gestik - Hund lag.

Ich schmiss Futter. F-U-T-T-E-R! - Hund lag.

Ich wurde gefrustet und wollte Suri mit ein, zwei bedeutsamen Schritten in ihre Richtung zum aufstehen bewegen. Das Ende vom Lied war, dass sich die Knalltüte von meinen Füßen übers Laminat schieben ließ, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

In anderen Situationen schmiss sie sich in wunderschönste Beschwichtigungspose vor die Decke und das, obwohl ich nur freundlich das Kommando äußerte. Was soll in so einem Moment gemacht werden? Wenn ein Hund alles in seiner Macht stehende tut, um lehrbuchmäßig zu äußern "Ich bin so klein, mein Herz ist rein, lasst uns alle happy sein."?

Da wird man nicht fies. Oder laut. Oder ein Arsch. Macht man nicht. Nein.

Und so gab es Momente, in denen ich sie tatsächlich auf die Decke hob, weil Suri wie tot auf dem Boden klebte und ich nicht klein beigeben wollte. Das wurde regelmäßig mit einem verwirrten "Wieso liege ich auf einmal auf der Decke?"-Blick quittiert.

Ist insgesamt eine blöde Idee, weil nicht jeder Hund dabei so gelassen reagiert und von Lerneffekt keine Rede sein kann, wenn das Tier, wie von Zauberhand, auf den Platz schwebt.

Also stand ich irgendwann da und es ratterte. Ich muss zugeben, dass ich in diesem Moment gefrustet war, säuerlich auf den Hund starrte und mich fragte, ob ich zu blöd bin oder der Hund.

In den meisten Fällen sind wir Menschen blöd. Und an eine Spontanverdummung von Suri glaubte ich nicht. Was konnte ich anders machen? Trick 17 bei Suri ist, dass man sie wahnsinnig gut animieren kann. Da wo Spaß und Freude ist, ist meistens auch der Hund. Weil ich schon bei dem Gedanken über diesen Kasper grinsen musste, verzog sich das Gefühl von Frust und ich probierte folgendes:

Ich ging nicht einen Schritt auf sie zu, sondern von ihr weg und rief sie freundlich zu mir. Im ersten Moment guckte sie nur erstaunt - "Oh eine neue Vorgehensweise." - und sprang kurz danach auf, um meiner Einladung zu folgen.

Ein kurzer Streichler, ein liebes Wort und das erneute Kommando "Decke" und der Hund ging in einer solchen Selbstverständlichkeit auf die Hundedecke, dass ich sprachlos war.

"Eine Pfote" ist unser Deal. Hier hat Suri ganz optimistisch doch etwas übertrieben.

Ist ja nicht so, dass das Hundeding groß genug für den Hund ist.


Einmal kurz die Stimmung geändert und zack! - der Hund verstand. Ich begriff, dass sich Suri bei unkontrollierter und ärgerlicher Ansprache einfach weigert mitzumachen. In diesem Moment sieht sie mich als komisches, unausgeglichenes Ding, was mit Sicherheit keine gut durchdachten Entscheidungen treffen kann und legt fest "Nö, so nicht." Besteht man aber - gelassen und freundlich! - auf seine Meinung sieht das schon anders aus.

Tatsächlich hilft mir ihr Verhalten. Denn stellt sie sich in gewöhnlichen Situationen quer, muss ich zuallererst meine eigene Stimmung reflektieren.

So habe ich es in den letzten Monaten geschafft auf diesen Hund einigermaßen kompetent zu wirken. Sie vertraut mir, dass meine komischen Handlungen irgendeinen Sinn haben. Aber nur!, wenn sie die Regeln, die es gibt, ein bisschen ausreizen darf.

Surikov nach einer Vollnarkose. Auch leicht verstrallert hält sie an ihrer Einstellung fest. Auch, wenn hier wahrscheinlich die Körperbeherrschung für die ein-Pfoten-Vereinbarung gefehlt hat.

Zum Beispiel mit ihrer Kompromisspfote. Der Hund geht auf die Decke, aber die Pfote darf draussen bleiben. Der Hund soll nicht ins Bad, aber die Pfote darf über die Türschwelle ragen. Unsere Vereinbarung lautet "1ne Pfote" und manchmal wird das hinterfragt. Ist aber nicht schlimm, denn Hund muss ja gucken, ob Mensch noch weiß, was so besprochen

wurde ;)

Und wenn ich freundlich gelassen, um nur eine Kompromisspfote bitte, dann funktioniert das auch.


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